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Neue Techniken zur besseren Kontrolle des Supervulkans von Campi Flegrei bei Neapel (Vesuv)

Die Phlegräischen Felder zählen zu den gefährlichsten Orten in Europa: Das Caldera-Gebiet in der Nähe von Neapel wurde vor etwa 40.000 Jahren durch den Ausbruch eines Supervulkans gebildet, heute leben in der Küstenregion am Mittelmeer mehrere Hunderttausend Menschen auf oder in unmittelbarer Nähe des Vulkankessels. Bei einer Entfernung von rund 890 km von Tunesien (Luftlinie) kann ein großer Ausbruch auch die Nordküste Afrikas mit Algerien und Tunesien gefährden.

Unzählige Mikro-Erdbeben erschütterten Campi Flegrei in den Jahren 1983 und 1984. Seitdem ist es ruhig. „Das kann eine trügerische Ruhe sein“, sagt Prof. Dr. Luca De Siena. „Wir wissen nicht genau, was im Innern des Supervulkans vor sich geht.“ Luca De Siena ist Vulkanologe und selbst in Neapel aufgewachsen. Im März 2019 wechselte er von der University of Aberdeen in Schottland an die Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU), wo er die Gruppe Vulkanseismologie leitet.

Die Untersuchung eines Vulkans mit seismologischen Methoden ist nur dann möglich, wenn Erdbeben gemessen werden können. Da in Campi Flegrei seit etwa 35 Jahren keine Beben erfolgt sind, war wenig über die unterirdische Struktur des Vulkans bekannt. Er liegt nur 20 Kilometer westlich des Vesuvs und teilt sich mit diesem wahrscheinlich eine gemeinsame Magmakammer. De Siena hat mit einer in der Seismologie relativ neuen Untersuchungsmethode herausgefunden, welche Route die heißen Flüssigkeiten nehmen, die den Supervulkan von Campi Flegrei versorgen. „Wir können mit dieser Technik in den Vulkan hineinschauen und uns ein besseres Bild von seinem Inneren machen.“ Das Bild wird von Tönen erzeugt – seismisches Geräusch genannt, eine Art Summen, das entsteht, wenn sich die Wellen an der Küste von Campi Flegrei brechen. „Das Geräusch sagt uns, wie der Vulkan atmet.“ De Siena hat einen Kanal lokalisiert, der tiefer liegende Magmaquellen, die wahrscheinlich seit den 1980er Jahren aktiv sind, mit dem oberen Vulkan verbindet und heiße Flüssigkeiten in das hydrothermale System einspeist. Gefährliche Dämpfe driften von diesem Hauptkanal zu den Fumarolen von Solfatara und Pisciarelli.

Blick auf den Vesuv, der von den Phlegräischen Feldern etwa 20 Kilometer entfernt liegt. - Foto/©: Giuseppe Vilardo
Blick auf den Vesuv, der von den Phlegräischen Feldern etwa 20 Kilometer entfernt liegt. – Foto/©: Giuseppe Vilardo

Innere Struktur der Caldera erstmals seit den Erdbeben Anfang der 80er aufgezeichnet

„Damit können wir besser verstehen, wie Magma und Flüssigkeiten aus den Tiefen des Vulkans an die Oberfläche kommen“, sagt De Siena, der sich bei einem Forschungsaufenthalt in Tokio mit der Technik vertraut gemacht hatte. Ein Seismometer nimmt dabei Signale einer sehr niedrigen Frequenz auf, die durch die Interaktion der Wellen mit dem Vulkangestein entstehen. „Wir können damit praktisch den Vulkan erleuchten.“

Eine künftige Aufgabe wird es sein, die neu erprobte Technik für die Überwachung der vulkanischen Aktivität zu nutzen. Hierzu arbeitet der Vulkanologe mit dem Observatorium des Nationalen Instituts für Geophysik und Vulkanologie in Neapel zusammen. Zwar ist die Technik zur Erfassung der seismischen Geräusche in der Wissenschaft recht verbreitet, sie wurde aber auf den Phlegräischen Feldern erstmals in einer dicht besiedelten Region verwendet.
Der letzte größere Ausbruch des Vulkans liegt rund 500 Jahre zurück und hat einen Vulkankegel von über 100 Metern aufgeschüttet. „Die Region ist ein Pulverfass. Aber wenn wir den Charakter des Vulkans besser verstehen, können wir auch die Überwachung verbessern und im Notfall die Bevölkerung frühzeitig warnen.“ Daran werden De Siena und weitere Geowissenschaftler der Johannes Gutenberg-Universität Mainz in Zukunft arbeiten.

Titelbild: Blick auf die Phlegräischen Felder nahe Neapel – Foto/©: Giuseppe Vilardo

Quelle: Informationsdienst Wissenschaft (IDW)